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SCHWABACH – Die Münchenerin Vaniessa Rashid ist Kurdin aus dem Irak und Mitglied der Grünen. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe ihrer Schwabacher Parteifreunde zu Ursachen und Auswirkungen der Flüchtlingskrise hat die 24-jährige über eine Reise in die alte Heimat berichtet und die Umstände der eigenen Flucht geschildert. "Nach einem Jahr Warten in der Türkei haben wir in Griechenland lange auf der Straße geschlafen", lautete einer ihrer Sätze, die das Publikum nicht kalt ließen.
Seit der jüngsten Kommunalwahl vertritt Vaniessa Rashid die Bürgerinnen und Bürger im Bezirksausschuss der Stadtteile Ramersdorf und Perlach. Dort ist sie Beauftragte gegen Rechtsextremismus und Integrationsbeauftragte. Kein Zufall. Schließlich hat sie selbst eine gelungene Integrationsgeschichte hinter sich. Nach dreijähriger Flucht ist sie mit sechs Jahren in die bayerische Landeshauptstadt gekommen, hat das Abitur bestanden und studiert heute Politikwissenschaften. "Meine Mutter ist eine ganz starke Frau, ihr haben meine Schwester und ich viel zu verdanken." Den Vater beschrieb sie als herrschsüchtigen und gewalttätigen Patriarchen, den sie wegen Misshandlung angezeigt hat. "Unsere Mutter musste uns alleine großziehen", blickte sie zurück.
Bei der Reise mit einer Delegation der bayerischen Grünen in den Nordirak hatte sie engen Kontakt mit den Peshmarga-Kämpfern und konnte auch ein Flüchtlingslager besuchen. "Ich habe das Land vier Wochen lang intensiv erlebt", sagte sie, "und war sogar an der Front-Linie." Besonders beeindruckt habe sie ein eigenes Bataillon ausschließlich aus Frauen, das aber vor Ort nicht richtig wahrgenommen werde. "Viele haben gesagt, das kennen wir nicht", so Rashid. Ein Drittel der Bevölkerung in der Region seien Flüchtlinge, deren Unterbringung und Versorgung von den Vereinten Nationen finanziert werde. Aufgrund zunehmenden Geldmangels seien die Verhältnisse aber äußerst kritisch. 10 000 Menschen lebten dort in Zelten. "Die Infrastruktur funktionier aber."
Insgesamt seien 80 000 Menschen auf der Flucht. Mit Dias zeigte sie die Lebensumstände in den Lagern und Ortschaften der Region und stellte sie in den Kontrast zur Fruchtbarkeit und Schönheit des Gebiets. "Dort sprießt alles, ohne dass sich jemand darum kümmert", betonte Vaniessa Rashid mehrmals begeistert. Die Dörfer auf kurdischer Seite aber seien alle leergeräumt. Die Wirtschaft stagniere. Arbeit sei für Flüchtlinge lediglich als Tagelöhner zu finden. "Durch die Erlaubnis zu Arbeiten sind die Menschen aber wenigstens nicht zum Rumsitzen verdammt." Sie zeigte ein Bild, auf dem ein Mann beim Bau eines eigenen Hauses für die Familie zu sehen war. "Das sind alles tüchtige Menschen dort", erklärte sie dazu.
Die Peshmarga-Kämpfer schilderte sie als zwar tapfere, aber schlecht organisierte Truppe. "Sie stellen sich dem IS erfolgreich entgegen", hat sie erlebt. "Viele aber kämpfen ehrenamtlich neben dem Beruf und müssen sich die Ausrüstung selbst finanzieren", so Rashid. Deutschland unterstütze die Peshmarga zwar mit Waffen und Ausbildungsleistungen. "Vieles aber kommt aufgrund der Strukturen vor Ort nicht an", so Rashid. Für die Ausbildung stehe viel zu wenig Zeit zur Verfügung. "Ich habe noch nie so mutige und lernwillige Soldaten erlebt", habe ein deutscher Oberst die Kämpfer aber gelobt. Sie agieren vorwiegend von Stützpunkten in den Bergen aus. "Für die meisten ist es eine Ehre, Peshmarga-Kämpfer zu sein", schilderte sie die Motivationslage dort.
Das Kurdengebiet im Nordirak ist 2004 mit Hilfe der USA zu einem autonomen Landesteil erklärt worden. Die Wirtschaft dort war danach von den Einnahmen aus der Förderung eigenen Öls getragen worden, das die Kurden nun selbst verkaufen durften. "Danach hat es 80 Prozent Reiche, 15 Prozent Mittelstand und fünf Prozent Arme gegeben", so Vaniessa Rashid. Gegenwärtig gebe es dort zwei Parteien: eine konservative und eine sozialdemokratische. Die Gründung einer Grünen Partei stecke noch in den Anfängen, komme aber voran.
Renate Krilles vom KV SC überreicht ein Geschenk.
Text und Foto: © Robert Schmitt | SCHWABACHER TAGBLATT
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